IRONMAM WM: In 9 Wochen top fit – wie geht das?!

Daniel Appelhans


Vorwort: Daniel Appelhans ist Sportwissenschaftler und betreut Triathlon-Profi Leonard Arnold in Vorbereitung auf die IRONMAN Weltmeisterschaft in Nizza. „Leo“ hat mit dem 2. Platz beim IRONMAN Switzerland in Thun eine extrem starke Langdistanzpremiere gezeigt. Die Herausforderung war es nun, den knappen Zeitraum bis zur IRONMAN WM effektiv zu nutzen.



9 Wochen um sich auf eine Weltmeisterschaft vorzubereiten – jeder der mal einen Ironman gemacht hat weiß, dass ist wirklich nicht viel Zeit. Hier spielte Leo natürlich in die Karten, dass er bereits für den Ironman Switzerland eine gesamte Vorbereitungsperiode (ca. 3 Monate) absolviert hatte. Für die WM ging es jetzt darum, zum einen auf die bestehende Form weiter aufzubauen, aber auch die notwendigen, spezifischen Anforderungen des Rennens hier in Nizza zu berücksichtigen.

Diese spezifischen Anforderungen sind:

  • Das Schwimmen im Meer

  • Eine besonders bergige Radstrecke mit einem sehr langen Anstieg (ca. 50min)

  • Die Hitze

Um also den allgemeinen und spezifischen Anforderungen gerecht zu werden, fassten wir für die 9 Wochen daher gemeinsam den folgenden Plan:

  • Woche 1 – 4: Erholen & Wiedereinstieg ins Training mit harten, intensiveren Intervallen, um die allgemeine Fitness wieder anzukurbeln

  • Woche 5-7: Höhentrainingslager in Livigno. Viel Umfang und Rennspezifische Intensität

  • Woche 8-9: Nizza. Sich mit der Strecke und den Bedingungen vor Ort vertraut machen. Trainingsumfang reduzieren und für das Rennen regenerieren.


Konkret sah das dann folgendermaßen aus:

 

Woche 1 (Woche nach IM Schweiz): Fit For Fun
–> Hier hatte Leo „frei“ und durfte ausnahmsweise mal völlig frei entscheiden, ob und wie viel er trainieren möchten. Wenn man sich aufgrund des Muskelkaters jedoch kaum bewegen kann, darf die Entscheidung zwischen Fit und Fun auch schonmal einseitiger ausfallen.. 😉
–> Absolviert: ca. 10h Training, keine Intensität

 

Woche 2 & 3: „Wiedereinstieg“ in das Training
–> Bereits in der zweiten Woche wurde der Trainingsumfang wieder gesteigert und ab Mitte von Woche 2 standen auch schon die ersten intensiveren Einheiten an. Der Fokus bei diesen Einheiten lag auf eher kurzen, aber dafür harten Intervallen (bspw. 3x10x50m Schwimmintervalle, 6x3min bergauf laufen, oder 5x5min auf dem Rad )
–> Absolviert: 23 & 26h Training pro Woche, insgesamt 8 intensive Einheiten

 

Woche 4: „Ruhewoche“
–> Ruhewoche mit reduziertem Trainingsumfang, um erholt in das Trainingslager und die nächste intensive Trainingsphase zu gehen sowie die Zeit zu haben, die letzten Organisatorischen Dinge zu erledigen – ein neues Rad kauft sich schließlich nicht von alleine ;). Damit der Körper nicht zu sehr „runter fährt“ und die Fitness erhalten wird, standen auch hier harte, aber kurze Intervalleinheiten auf dem Programm.
–> Absolviert: 17h, 3 intensive Einheiten (in jeder Disziplin eine)

 

Woche 5-7: Höhentrainingslager in Livigno
–> Ein Höhentrainingslager bieten neben der Fokussierung auf das Training zusätzlich den Vorteil, dass die „dünne Luft“ einen weiteren (Trainings)Reiz für den Körper darstellt. Die Muskulatur wird aufgrund der veränderten Luftdruckverhältnisse schlechter mit Sauerstoff versorgt. Die Anpassung ist dementsprechend eine Verbesserung des Sauerstoffstransports im Blut, was natürlich auch förderlich für die Leistung auf Meereshöhe ist (Merke: Je mehr Sauerstoff die Muskulatur zur Verfügung hat, desto besser für die Leistungsfähigkeit).
Neben diesem physiologischen Effekt bieten die italienischen Alpen natürlich beste Bedingungen, die anspruchsvolle Strecke in Nizza mit ihrem langen Anstieg zu simulieren und so rennspezifisch zu trainieren. Der Trainingsfokus lag daher auf langen, rennspezifischen Einheiten und grundsätzlich einem hohen Trainingsumfang – ein Ironman ist 8h lang, eine gute Ausdauer durch viel Training ist da essentiell. Leo ist aber von Natur aus eine Diesel-Lok. Trainiert er zu viel im „lockeren“ Bereich, dann verliert er an allgemeiner Leistungsfähigkeit. Daher dürfen bei ihm auch in einer solchen Phase die intensiveren Einheiten nicht zu kurz kommen und deshalb absolvierte er auch einige mittelintensive Intervalle. Diese sind länger, als die bereits beschriebenen kurzen Intervalle, aber eben auch nicht so intensiv und können daher von Leo auch bei hohem Umfang und eigentlich Ironman-spezifischen Training toleriert werden.
–> absolviert: 30h, 30h & 26h, 8 mittelintensive Einheiten (bspw. 6x10min auf dem Rad, 12x1km Laufen mit nur 1min locker dazwischen)

 

Woche 8-9: Nizza
–> Das Rennen rückt näher. Es ist Zeit, den Trainingsumfang zu reduzieren und dem Körper die Möglichkeit zu geben das Training der letzten Woche zu verarbeiten. In dieser Erholungsphase passt sich der Körper an den vorausgegangen Trainingsreiz an und verbessert sich. Es stehen die letzten Rennspezifischen Einheiten an. Konkret bedeutet das: Ab ins Meer und bei den Radeinheiten die Strecke abfahren. Zudem wird es am Renntag ca. 30 Grad heiß – das Training bei ähnlichen Temperaturen in diesen 2 Wochen hilft dem Körper dabei sich zu akklimatisieren und mit den heißen Bedingungen am Renntag besser zurecht zu kommen.
–> Absolviert: 14h & 10h, keine Intensität in Woche 8, 3 verkürzte/halbe Intervalleinheiten als „Aktivierung“ in der Rennwoche




Fazit:
Gegen Ende dieser 9 Wochen macht sich das viele und harte Training  natürlich doch bemerkbar – jeder der den oberen Teil aufmerksam gelesen hat, kann das jetzt vermutlich auch nachvollziehen.

Da es zusätzlich auch nebenher viel zu erledigen gibt, konnte trainingstechnisch in den letzten zwei Wochen nicht immer alles so absolviert werden wie geplant. Aber auch das bleibt bei einer so intensiven Vorbereitung nicht aus und Leo ist sehr gut darin früh genug die Bremse zu betätigen, sodass es nie zu einer Notbremsung kommt. Ab jetzt heißt es Daumen Drücken für Sonntag!

 

 
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