Kerstin Rohr
Ein Training morgens ohne Frühstück ist im Ausdauersport weit verbreitet. Es soll die Fettoxidation verbessern, und somit die Fähigkeit des Körpers optimieren, mehr Energie aus Fetten zu gewinnen.
Doch wie wirkt sich das auf die Leistungsfähigkeit im Gesamten aus, und wie steht es um das Verletzungsrisiko?
Training, welches morgens ohne Kohlenhydrate oder im nüchternen Zustand durchgeführt wird, erhöht die Fettoxidationsrate. Das zeigt die wissenschaftliche Datenlage.
Allerdings zeigt sie auch, dass bei gut trainierten Ausdauersportlern Nüchtern Training meist zu schlechteren Trainingsleistungen führt und damit einen schlechteren Reiz für Leistungsanpassungen im positiven Sinne auslöst.
In einer Metastudie (Zouhal, 2020) wurden widersprüchliche Befunde in Bezug auf den Glukosestoffwechsel als Reaktion auf das Fasten bei hochtrainierten Sportlern festgestellt. Einige Studien berichteten verminderte Leistungen, während andere keine Wirkung zeigten.
Des Weiteren kann sich Nüchtern Training negativ auf die Regeneration auswirken und damit auch das Verletzungsrisiko erhöhen.
Was haben die Hormone Östrogen und Progesteron damit zu tun?
Wenn Sportler*innen ihr Training in nüchternem Zustand durchführen, setzen sie ihren Körper unter Stress und der Körper schüttet vermehrt Cortisol aus. Das ist morgens besonders ungünstig, da das Cortisol Level bereits erhöht ist.
Hier kommt der Grund, warum Nüchtern Training vor allem für Frauen nicht nur keinen Vorteil, sondern eher ein Risiko darstellt:
Damit der Körper dieses zusätzliche Cortisol in den Umlauf bringen kann, benötigt er denselben Rohstoff wie die Hormone Testosteron, Östrogen und Progesteron. Der Körper „stiehlt“ also diese Hormone, um mehr Cortisol zu generieren. Wenn Frauen sich jetzt noch in der zweiten Zyklushälfte befinden, in welcher der Körper besonders viel von diesen Hormonen benötigt, wird es noch erschwerender.
Regelmäßiges Training im nüchternen Zustand kann demnach zu unregelmäßigen oder sogar ausbleibenden Zyklen führen. Zudem steigt das Verletzungsrisiko – vor allem in Bezug auf Stressfrakturen und einem erhöhten Risiko für Osteoporose, also einer verringerten Knochendichte.
Außerdem stimuliert ein hoher Cortisol Spiegel die Fetteinlagerung. Also das genaue Gegenteil, von dem, was wir eigentlich mit Nüchtern Training erreichen wollen!
Fazit: „Meiner Meinung nach bringt Nüchtern Training in den seltensten Fällen einen Vorteil. Vor allem Frauen, die gerne verletzungsfrei sportliche Höchstleistung erbringen möchten, rate ich aufgrund der oben genannten Gründe gerne davon ab.“
Schoenfeld, B. J., Aragon, A. A., Wilborn, C. D., Krieger, J. W., & Sonmez, G. T. (2014). Body composition changes associated with fasted versus non-fasted aerobic exercise. Journal of the International Society of Sports Nutrition, 11(1), 54. https://doi.org/10.1186/s12970-014-0054-7
Vieira, A. F., Costa, R. R., Macedo, R. C. O., Coconcelli, L., & Kruel, L. F. M. (2016). Effects of aerobic exercise performed in fasted v. fed state on fat and carbohydrate metabolism in adults: a systematic review and meta-analysis. British Journal of Nutrition, 116(7), 1153-1164.
Zouhal, H., Saeidi, A., Salhi, A., Li, H., Essop, M. F., Laher, I., Rhibi, F., Amani-Shalamzari, S., & Ben Abderrahman, A. (2020). Bewegungstraining und Fasten: Aktuelle Erkenntnisse. Open-Access-Zeitschrift für Sportmedizin, 11, 1–28. https://doi.org/10.2147/OAJSM.S224919
Sims, S. T., & Yeager, S. (2016). Roar: how to match your food and fitness to your female physiology for optimum performance, great health, and a strong, lean body for life. Rodale.